Heute sind unsere neuen Pilgerausweise eingetroffen!
Der Camino Primitivo wirkt zwar immer noch nach. Doch nach dem Camino ist vor dem Camino.
Heute nun die letzte Etappe, denn wir haben uns nach Jörgs Mitteilung, dass er wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustandes voraussichtlich nicht mit nach Muxia gehen wird entschlossen, ebenfalls in Finisterre zu bleiben. Wir haben zwar nur zwei Nächte in der Pension gebucht, aber da lässt sich vielleicht was machen. Wir haben uns nun mal geeinigt, dass wir zusammen bleiben. Und ehrlich gesagt, bin ich auch nicht unglücklich darüber. Irgendwie reicht es dann auch. Es war ein langer Weg bis hier hin.
Ganz in Ruhe, in der Gewissheit, dass es erstens nicht mehr weit ist und zweitens, dass wir eine sichere Unterkunft haben, gehen wir am Morgen noch einmal durch Corcubion, wo wir auch gleich eine Bar finden, in der wir frühstücken können.
Der erste Blick an diesem Morgen gilt dem Himmel. Es sieht zwar auch nicht viel besser aus als Gestern aber der Wind hat sich wenigstens etwas gelegt.
Gespannt nehme ich das zerknüllte Zeitungspapier aus den Schuhen. In der Nacht hatte ich es nochmals erneuert und die Schuhe waren immer noch nass. Nun aber fühlen sie sich eigentlich recht trocken an. Nur die Einlegesohlen, die ich separat in Zeitungen verpackt hatte, sind immer noch feucht. So ist es nicht sehr angenehm, mit den trockenen Socken in die Schuhe zu schlüpfen. Sofort spüre ich die Feuchtigkeit, woran ich mich aber nachdem die Schuhe warm gelaufen waren, ganz schnell gewöhne.
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So, nun habe ich genug Neugier erzeugt. Zweimal habe ich schon auf diesen Tag in meinem Bericht verwiesen, gerade eben und in Bezug auf meine Füße/Socken/Schuhe – Kombination.
In der Nacht hörte man schon, dass der Wind stark aufgefrischt hatte. Und auch etwas Regen schien schon zu fallen.
Nachdem Jana und ich den Rest Nudeln als Frühstück vertilgt haben (ich kann gar nicht verstehen, weshalb da einige den Kopf schütteln?), gehen wir nach draußen und ahnen nichts Gutes, als wir den Himmel sehen. Dicke schwere Wolken werden von einem stark böigen Wind über den Himmel getrieben. In der Stadt ist dieser noch kaum zu spüren. Aber das sollte sich ändern.
Ganz unten das Video zur Etappe (diesmal etwas verwackelt) !
Pustekuchen!!!
ist mein erster Gedanke, als ich schon den Rucksack auf dem Rücken aus der Herberge trete. Und ich traute meinen Augen nicht, denn es regnet in Strömen. Also alles wieder runter und die Regenjacke raus. Ist wieder nichts mit einer Ankunft in Santiago bei schönem Wetter!
Draußen stehen zwei Koreanerinnen in ihren roten Notponchos aus Plastikfolie, die sich nicht so recht trauen loszulaufen. In Englisch fragen sie mich, ob ich jetzt loslaufen will. „Yes“ sage ich und trotte los. Die beiden folgen mir auf dem Fuße.
Dann komme ich vor Jörgs Unterkunft an, der schon auf uns wartet. Ich bleibe stehen und auch die beiden Koreanerinnen, die mich daraufhin etwas fassungslos anblicken. Ganz in Ruhe streife ich meinen Rucksack ab, um die Regenjacke gegen den Poncho zu tauschen, denn es regnet jetzt doch stärker als zunächst bemerkt. Immer noch fragende Blicke von den Koreanerinnen bemerkend, beruhige ich sie mit den Worten“ I waiting for my Wife“. Die Minen erhellen sich, so man das in der Dunkelheit sieht, denn auch um 8 Uhr scheint es heute Morgen nicht richtig hell werden zu wollen. Jana und Andrea tauchen aus dem Dunkel auf und es geht endlich weiter, die Koreanerinnen immer hinter mir her. Immer wenn ich stehen bleibe, um auf Jana und Andrea zu warten oder zu fotografieren, bleiben auch die Koreanerinnen stehen. Ich fragte mich, ob sie das so auf dem gesamten Weg durchgezogen haben? Dann dürfte das ziemlich stressig für den Verfolgten und auch für sie selbst gewesen sein. Dieses Spielchen ziehen sie so bis zur Kathedrale ab und wurden später nie mehr gesehen.
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Trotzdem verbringen wir in Salceda eine ruhige und erholsame Nacht. Am Morgen gibt es dann noch für 3 € ein Frühstück mit Kaffee, Tost und Saft. Bei Sonnenaufgang wandern wir los.
Dieses Mal bleibt Jürgen bei uns, musste sein Tempo also etwas drosseln. Philine haben wir seit gestern nicht mehr gesehen. Sie hat noch viel Zeit für ihren Weg und ist hinter Melide schon in Ribadiso abgestiegen. Für den 21. haben wir uns aber um 19 Uhr vor dem Westportal der Kathedrale in Santiago verabredet. Sicher werden wir uns eher treffen in der Stadt, so unserer aller Meinung.
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Alle Befürchtungen der Stahltreppe wegen haben sich am frühem Morgen bestätigt. Die ersten „Nachtpilger“ polterten bereits vor 5 Uhr diese herunter und an Schlaf ist gerade nicht mehr zu denken. Also wälze ich mich vorsichtig aus dem sehr wackeligen Bett, um Andrea nicht zu wecken. Ab zur Toilette, na wenigstens hat jede Etage eine eigene. Licht an – NICHTS! Na prima, jetzt gibt´s nicht mal Licht – na vielleicht nach 6 Uhr. Doch auch nach 6 Uhr bleibt alles dunkel. Später wird dann von Jörg das Rätsel gelöst. Unsere Zimmergenossen, die schon vor 22 Uhr schlafen wollten, hatten vergeblich den Lichtschalter gesucht, weil da meine Klamotten am Bett drüber hingen. Also haben sie im Sicherungskasten den Hauptschalter ausgeschaltet. Da kann man lange suchen. Etwas seltsam waren die Kollegen schon, da sie am Morgen ja bemerkt haben mussten, wie wir vergeblich versuchten, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Doch keiner hat sich gerührt. Ist halt nicht jeder nett auf dem Camino.
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Man kann es drehen wie man will, einen Dreißiger hat man auf der Süd – Route von Lugo nach Melide in jedem Fall. Entweder man übernachtet in San Roman und geht heute nur 20 Kilometer oder man geht die dreißig bis Ponte Ferreira. Da ich schon viel Gutes von der neuen privaten Herberge in Ponte Ferreira gehört habe und wir Jana die 30 Kilometer von San Roman bis Melide übermorgen nicht zumuten wollen, entschließen wir uns heute, nach Ponte Ferreira zu gehen, so wie es mein ausgearbeiteter Etappenplan auch vorsah. Die meisten der Pilger, die in Lugo übernachten, wählen übrigens die Süd – Variante, sollen doch auf der Nord – Route zum Camino del Norte immer wieder die Wegzeichen entfernt worden sein. Bestätigen konnte mir das niemand. Solche Aktionen sind bei Alternativrouten meist wirtschaftlich motiviert. Man will ja niemandem was unterstellen aber auf so einem wenig begangenen Weg wie dem Camino Primitivo, ist es in manchen Zeiten sicher schwierig, kostendeckend zu arbeiten. Die staatlichen Herbergen sind eh ein Zuschuss – Geschäft für die Kommunen. Da kann man sich schon vorstellen, dass da so manche nicht ganz saubere Aktion gestartet wird, um sein Geschäft in Schwung zu halten. Es gibt auf der Süd – Route in San Roman und in Ponte Ferreira neue private Herbergen und in Merlán / As Seixas ein neues großes Anwesen am Weg, auf dem noch mächtig gewerkelt wird und in dem sich bereits eine Bar befindet. Möglich, dass hier zukünftig auch Betten angeboten werden. Da wird die Konkurrenz langsam zu groß für die relativ wenigen Pilger.
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Heute nun eine Etappe, die verspricht etwas ebener zu werden. Dafür geht es immer mal über Asphalt, was mich aber nicht besonders stört, da man dann die Möglichkeit hat, mal etwas entspannter zu laufen und sich im Gehen die Gegend zu betrachten. Man nicht dauernd auf den Weg und die Füße achten.
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Der Morgen ist kalt und die ersten Kilometer wandern wir durch eine graue Suppe. Als wir die Landstraße endlich verlassen können und der Weg weiter über einen schmalen Pfad führt, hellt es plötzlich auf. Wir sind raus aus den Wolken, die hinter uns im Tal hängen. Ich bemerke vor uns eine Erscheinung, die ich so noch nie gesehen habe. Ich nenne sie mal Nebelbogen. Gleich einem Regenbogen nur ohne Farben spannt sich der weiße Bogen vor uns über den Feldern auf. Das sieht völlig unwirklich aus. Ich versuche die Erscheinung trotz des geringen Kontrastes aufs Foto zu bannen. Und ich glaube, es ist einigermaßen gelungen.
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Diese Etappe sollte eine der schönsten werden, auch wenn das Strecken – Profil so manchen Schweißtropfen und schmerzende Knien in Aussicht stellte.
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1. und 2. Tag 6./7.9.2012 Die Anreise
Unsere Anreise begann am 6.9. 22.30 Uhr am Flughafen Halle/Leipzig. Mit Ryanair flogen wir nach London Stansted. Dort mussten wir übernachten, da wir erst am Folgetag Anschluss nach Asturias haben.
Wir, das sind meine Frau Andrea, ihre Freundin Jana und mein Freund Jörg.
Andrea und ich waren schon 2011 auf dem Camino Frances von Saint Jean Pied de Port bis Santiago de Compostela gegangen und im Mai 2012 auf einem Teil der Via Regia von Leipzig nach Eisenach unterwegs. Jana ist Camino Neuling und Jörg musste seinen ersten Camino 2010 in Astorga nach rund 500 Kilometern verletzungsbedingt abbrechen. Wir hatten also schon etwas Erfahrung, Jörg auch, hatte aber eine besondere Motivation, dieses Mal sein Ziel zu erreichen und Jana hatte mit dem Primitivo einen sehr harten Einstieg gewählt und das Ganze etwas unterschätzt. Um es aber vorweg zu nehmen, wir alle haben unser Ziel geschafft.
Zu viert auf dem Jakobsweg? Geht das? Ja, das geht, wenn jeder etwas sein Ego zurück steckt und wenn man Grundsätze vereinbart. Ein Grundsatz war zum Beispiel, dass wir zusammen bleiben und dass sich die Geschwindigkeit nach dem Schwächsten richtet. Ein anderer, dass einer die Rolle des Anführers übernimmt, um nicht in ellenlange Diskussionen zu verfallen bei unterschiedlichen Meinungen. Diese Rolle wurde mir zugeteilt, da ich mich schon um die Etappenplanung und die Anreise gekümmert hatte. Außerdem habe ich einen recht guten Orientierungssinn und kann mir Ortsnamen ganz gut merken.
Heute ist nun der letzte Tag angebrochen, an dem wir auf der Via Regia unterwegs sind. Sicher wäre es auch schön gewesen, weiter bis Vacha zu gehen. Wir sind aber auch noch nie auf dem Rennsteig gewesen, obwohl wir sehr oft den Thüringer Wald besuchen, da wir dort Freunde haben. Und so stehen wir 8 Uhr, also heute etwas später, wieder auf der Straße, um diese Etappe anzugehen. Sie verspricht mit der Überschreitung der Hörselberge etwas anstrengender und recht interessant zu werden. Warum heute so spät? Im Bodelschwingh – Hof gibt es ein hervorragendes Frühstück im Speisesaal und das wollten wir uns natürlich nicht durch die Lappen gehen lassen. Wir gehen nun wieder hinunter zum Ort Mechterstädt, um auf der am Vortag erkundeten Abkürzung wieder auf den Jakobsweg zu kommen. Auch an diesem Abzweig steht ein Wegweiser, wahrscheinlich für Pilger, die den Weg in umgekehrter Richtung gehen oder die den ersten verpasst oder übersehen haben.
Auch heute laufen wir nach dem kurzen Frühstück vor der Kirche in Stedten sehr früh los. Wir verabschieden uns nochmals von unserer neuen aber kurzen Bekanntschaft aus Gera, denn sie will erst später los ziehen in Richtung Erfurt. Ein prüfender Blick in den Schlafraum, die Küche und das WC – nichts vergessen – und los. Die Sonne geht gerade auf, als wir durch die noch feuchten Wiesen in Richtung Ottmannshausen laufen. Sie steigt wie an bisher jedem Tag in einen fast wolkenlosen Himmel. Man was haben wir bisher für ein Schwein mit dem Wetter! Die unbenutzte Regenkleidung ist unterdessen am Boden des Rucksackes angekommen und wir hoffen, dass die da auch an den nächsten Tagen bleiben kann.
Die Sonne geht gerade auf hinter der Eckartsburg, als wir die Stadt Richtung Südwest verlassen. Zuvor haben wir vor dem idyllisch gelegenen Pfarrhaus noch ausgiebig gefrühstückt. Unsere Mitpilgerin schläft noch. Sie will lieber allein laufen, was in Anbetracht ihrer Beschwerden an den Füßen auch nachvollziehbar ist. Wir müssten unser Tempo sicher stark drosseln, um zusammen bleiben zu können. So gehen wir wieder bei schönstem Wanderwetter durch die morgendlichen Dörfer und Felder. Heute wollen wir bis nach Stedten am Ettersberg. Auch hier verspricht die Unterkunft außergewöhnlich zu werden. Denn diese befindet sich wiederum in einer Kirche. Die Schlafplätze sollen im Kirchturm der St. Kilian Kirche in Stedten untergebracht sein und im Pilgerführer versprach man uns eine schöne Aussicht von diesem Turm ins Weimarer Land.