Der Camino Primitivo vom 6. bis 28. September 2012
1. und 2. Tag 6./7.9.2012 Die Anreise
Unsere Anreise begann am 6.9. 22.30 Uhr am Flughafen Halle/Leipzig. Mit Ryanair flogen wir nach London Stansted. Dort mussten wir übernachten, da wir erst am Folgetag Anschluss nach Asturias haben.
Wir, das sind meine Frau Andrea, ihre Freundin Jana und mein Freund Jörg.
Andrea und ich waren schon 2011 auf dem Camino Frances von Saint Jean Pied de Port bis Santiago de Compostela gegangen und im Mai 2012 auf einem Teil der Via Regia von Leipzig nach Eisenach unterwegs. Jana ist Camino Neuling und Jörg musste seinen ersten Camino 2010 in Astorga nach rund 500 Kilometern verletzungsbedingt abbrechen. Wir hatten also schon etwas Erfahrung, Jörg auch, hatte aber eine besondere Motivation, dieses Mal sein Ziel zu erreichen und Jana hatte mit dem Primitivo einen sehr harten Einstieg gewählt und das Ganze etwas unterschätzt. Um es aber vorweg zu nehmen, wir alle haben unser Ziel geschafft.
Zu viert auf dem Jakobsweg? Geht das? Ja, das geht, wenn jeder etwas sein Ego zurück steckt und wenn man Grundsätze vereinbart. Ein Grundsatz war zum Beispiel, dass wir zusammen bleiben und dass sich die Geschwindigkeit nach dem Schwächsten richtet. Ein anderer, dass einer die Rolle des Anführers übernimmt, um nicht in ellenlange Diskussionen zu verfallen bei unterschiedlichen Meinungen. Diese Rolle wurde mir zugeteilt, da ich mich schon um die Etappenplanung und die Anreise gekümmert hatte. Außerdem habe ich einen recht guten Orientierungssinn und kann mir Ortsnamen ganz gut merken.
Doch nun wieder zur Anreise:
Die Suche nach Flughafenbänken ohne Zwischenlehne ist schnell erfolgreich und nachdem wir den Geburtstag meiner Frau mit Törtchen und Rioja gefeiert hatten, war die Nacht auf den Bänken oder auf der Isomatte angenehmer und ruhiger als zunächst befürchtet. Unsere Rucksäcke haben wir als Handgepäck dabei. Für Stöcke, Messer, Flüssigkeiten, die kleine Torte mit Kerze und zwei Flaschen Rioja (für den Geburtstag meiner Frau) haben wir einen gemeinsamen selbst gebastelten Karton aufgegeben, der erst misstrauisch beäugt aber schließlich über die Sperrgutannahme nach sofortiger Durchleuchtung angenommen wird. „Wo wollen Sie denn hin?“ so die Frage der Bediensteten, als sie mein Outfit und den Karton sieht. Auf den Jakobsweg, so meine stolze Antwort. Das spricht sich dann schnell herum und so wünscht man uns schon am Gate in Leipzig einen guten Weg.
In Stansted darf ich wieder zur Sperrgutannahme wegen der Pappkiste. Wo steht eigentlich, dass man einen industriell gefertigten Koffer aufgeben muss? Das ganze wird zum Geduldsspiel, denn vor mir checkt eine Rockband mit riesigen Kisten ein. 15.30 Uhr sitzen wir im Bus nach Oviedo, denn der Flieger war überpünktlich und mein Pappkoffer hat den Flug ohne größere Blessuren überstanden.
Kurz vor 17 Uhr treffen wir an der Herberge in Oviedo ein, nachdem wir den Inhalt des „Koffers“ am Busbahnhof auf die Rucksäcke aufgeteilt und die leere Pappkiste anschließend entsorgt hatten. Vor der Herberge stehen schon jede Menge Pilger. Wir zählen die Rucksäcke – ja es reicht! Die meisten Pilger kommen vom Camino del Norte, einige aber auch aus Leon, was man ihnen auch ansieht. Denn viele haben bereits Bandagen oder laufen etwas unrund. Scheint ein recht schwieriger Weg über die Picos zu sein, so mein Gedanke. Der Primitivo sollte uns aber auch noch das Schwitzen lehren.
Von der Herberge sind wir einigermaßen enttäuscht. Dass die Herbergen am Primitivo nicht das Niveau derer am Frances erreichen, damit haben wir gerechnet. Aber dass eine so schöne und große Stadt wie Oviedo nicht mehr für die Pilger übrig hat, verwundert etwas. Man bedenke dazu, dass sich hier drei Pilgerwege treffen! Und so ist die Herberge auch schnell voll und wir hoffen, dass nicht alle die hier schlafen auf den Primitivo wollen. Denn dann bekämen wir ein ernsthaftes Bettenproblem in den folgenden Tagen. Gabi (Gabriela Krause – was für ein Name für eine Wienerin) klärt uns dann auf. Sie spricht sehr gut spanisch. Ich halte sie auch zunächst für eine solche, da sie eigentlich gar nicht wie eine Österreicherin aussieht und sich angeregt mit einigen Spaniern unterhält. Sie wird uns die nächsten zwei Etappen begleiten. „Die meisten hören hier in Oviedo auf. Nur 6 von den Spaniern, zwei Polinnen und ein Holländer gehen auf den Primitivo“, so ihre etwas beruhigenden Worte. Dann zähle ich nach: Mit uns 4 und Gabi sind das aber auch schon 14 und damit haben wir nicht gerechnet.
Nach einem Stadtrundgang, der Besichtigung der Kathedrale und der Markthalle, dem Einkauf von etwas Proviant für den Weg und einem kleinen Begrüßungsessen vor der Kathedrale geht’s ins Bett.
Hier noch einige Fotos: