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Das Frühstück ist “Continental”. Wer auf der Insel allerdings das mal festgelegt hat, was “Continental” ist, der wollte wohl sehr stark auf seine schlanke Linie achten. Mehr als Toast mit Margarine und Marmelade ist nicht drin. Na wenigstens der Kaffee geht so einigermaßen. Steffen steckt noch eine Packung mit so ner Art Zwieback ein. Der soll noch für Belustigung sorgen.
Unsere großen Rucksäcke legen wir zur Abholung in einem speziellen Raum im Hotel bereit. Auf einem Anhänger steht verschlüsselt, wohin der gebracht werden soll. Na ich bin gespannt, ob das so klappt. Denn es gibt nicht wenige, die den WHW auch in umgekehrter Richtung gehen. Ich will ja nicht unken. Aber da könnte es doch schon mal passieren, dass wir nach Norden gehen, während unsere Rucksäcke nach Süden fahren. Wir sind gespannt.
Ohne großes Brimborium wagen wir die ersten Schritte auf unserer geplanten Tour. Unspektakulär verschwindet der Weg bei den beiden Bänken mit der Aufschrift “West Higland Way” hinter einem Geländer. Wir wandern ein paar Schritte bergab und schon meinen wir aus Milngavie bereits heraus zu sein. Entlang eines kleinen Flüsschens, dem Allander Water, gehen wir durch Park – ähnlichen Baumbestand auf breiten Wegen. Alles ist triefend nass vom Regen, der gerade eine Pause eingelegt hat. Der Weg steigt und fällt in leichten Wellen durch den Mugdock Country Park. Vögel singen ihr Morgenlied und wir suchen darunter nach Wegzeichen. Auf diesen befindet sich eine stilisierte Distelblüte.
Die Bäume hängen voller Flechten und Misteln. Und am Boden gibt es viele kleine Bäche und sumpfige Wasserlachen. Wir erreichen gerade die Broadmeadow Road, die mitten durch die Golfanlagen von Milngavie führt, da öffnen sich wieder die Himmelsschleusen – nicht stark aber es bedeutet hier eben doch, dass 100 % Luftfeuchtigkeit herrscht. Hier kommt nun mein Schirm zum Einsatz. Ach was schreibe ich – Schirmchen! Der ist recht klein und leicht und wird von einer Halterung am Rucksack festgehalten. So habe ich die Hände frei für die Trekkingstöcke (wenn sie gebraucht werden) und unter dem Schirm bleibt die Kamera trocken. Das macht sich wirklich gut. Es darf jedoch nicht sehr windig sein.

Steffen, mein Schirmchen und ich
Entlang des Craigallian Loch, eines kleinen Sees regnet es dann doch stärker und etwas Wind kommt auf, so dass ich mein Schirmchen immer mal richten muss.
Die Landschaft öffnet sich und wir überwinden die ersten Viehzäune. Auf völlig verschlammten Wegen geht es über riesige Schafweiden. Obwohl wir noch in den Lowlands sind, geht es bereits hier ganz schön rauf und runter. Beeindruckend ist der Kontrast zwischen dem satten Grün und dem Gelb des üppig blühenden Ginsters. Wie mag das erst aussehen, wenn die Sonne scheint? Bereits von Weitem sind die weißen Gebäude der Glengoyne Distillery zu sehen. Die wollen wir uns unbedingt ansehen, zumal sie die einzige Whisky Brennerei direkt am Weg ist. Dazu müssen wir den Weg nach rechts verlassen und ein Stück an einer stak befahrenen Straße entlang wandern. Das ist immer nicht so schön, zumal die Fahrzeuge sehr dicht an einem vorbei rauschen und man zusätzlich von deren Gischt eingenebelt wir.
Etwas zögerlich treten wir in den Hof, dessen Tore weit offen stehen und sehen bereits hier durch eine ebenfalls weit geöffnete Tür die riesigen Brennblasen. Wir entschließen uns die knapp 8 Pfund auszugeben und an einer Führung teilzunehmen. Bis dahin haben wir noch etwas Zeit und so schauen wir uns im Regen an, woher das Wasser für den Whisky kommt. Hinter einem kleinen See, an dessen Grund man ein Einlaufgitter im glasklaren Wasser entdecken kann, stürzt zwischen üppigem Grün ein kleiner Bach von einem Felsen. Schöner hätte man es nicht künstlich anlegen können. Fast hätten wir den Anfang der Führung verpasst. Alle anderen Interessenten sitzen schon mit ihrem Whisky – Glas in der Hand in einem “very Scottish designed Room”. Das Ambiente passt schon mal.
Ein älterer, würdevoll drein blickender Herr in karierten Hosen (ich hatte eigentlich Kilt erwartet) steht am Ende der Treppe vor uns mit einem Tablett voller Whisky – Gläser. Gern greifen wir nach dem Whisky und nehmen mit ihm weit hinten im Raum am Fenster Platz. Wir bemühen uns, mit unseren verschlammten Hosenbeinen die Polster nicht zu verschmutzen. Alle schnuppern an dem Glas oder schauen gespannt auf den Monitor, der vorn an der Wand hängt. Auf diesem steht als Hinweis für den Vortragenden: “speak slowly”. Aha, die kennen mich und mein Handicap mit der Sprache. Das kommt mir sehr entgegen.
Dann wird ein recht stimmungsvoller Film zur Geschichte der Distillery gezeigt und ich nippe zwischendurch immer mal an meinem Whisky. Hmmm – schmeckt! Leider ist das Glas viel zu schnell leer.
Nach dem Film treffen wir uns draußen auf der Terrasse mit dem Tablett – Träger. So wichtig wie die Leute hier ihren Job nehmen, sind sie doch irgenwie sehr lustig. Ich verstehe zwar wieder nicht alles aber wie er erzählt, das ist schon sehr unterhaltend. Da ich vom Tasting her weiß, welche Arbeitsschritte notwendig sind, bis nach vielen Jahren der goldfarben bis rote Hochprozentige in die Flaschen abgefüllt wird, kann ich den Ausführungen recht gut folgen. Stolz zeigt man uns die riesigen Braubottiche, aus denen ein satter Alkoholgeruch strömt.
Hier, wie auch im Raum mit den Brennblasen herrscht Explosionsgefahr. Die Luft ist geschwängert von Alkoholdämpfen. Es ist hier deshalb verboten ein Handy oder eine Kamera zu benutzen.
Zum Schluss gehen wir noch in ein kleines Fasslager, in dem unter anderem auch Tastings für besser zahlende Kunden mit höherwertigem Whisky durchgeführt werden. Ein großes dickes Schloss hängt an der Gittertür, die den Bereich vor unbefugten Zugriffen schützt. Bei den Preisen, die für einige der älteren Tropfen verlangt werden verständlich. Die Preise bestaunen wir auch im Shop, den es natürlich hier auch gibt. Glengoine ist keine billige Marke. Doch wir unterliegen natürlich wie viele andere dem Reiz und erstehen wenigstens ne kleine Flasche mit 12 jährigem Single Malt. Mit diesem werden wir uns immer mal belohnen, wenn der Weg besonders schwer war. Nach mehr als einer Stunde verlassen wir wieder die Distillery.
Da es wieder angefangen hat zu regnen, legen wir die Ponchos an. Das hätten wir viel früher machen sollen. Denn es ist nicht gerade warm heute. Ich denke mal, es sind gerade so knapp über 10 Grad. Die Ponchos halten sehr gut den Wind ab. So ist der Temperatursturz von den sehr warmen Räumen in der Brennerei hinaus auf die Straße doch erträglich. Der Dauerregen geht bald in kurze Schauer über. Manchmal kommt sogar die Sonne raus. Doch noch drohen dunkle Wolken. Etwas schwierig ist es, hier mal Pause zu machen. Es gibt kaum Möglichkeiten, sich mal hin zu setzen. Wir hatten noch zu Hause daran gedacht, ein kleines Sitzkissen mit zu nehmen. Eine Alu – Folie hätte es auch getan, damit man bei diesem Wetter keinen nassen Hintern bekommt. Also als Tipp: Nehmt ein kleines Sitzkissen aus EVA Schaum oder Alufolie mit.
Drymen kann nicht mehr weit sein. Auf einer leicht ansteigenden Asphaltstraße treffen wir immer mehr Wanderer. Wo kommen denn die alle plötzlich her? Laut schwatzend und freundlich grüßend ziehen sie an uns vorbei. Am höchsten Punkt der Straße sieht man in der Ferne bereits den Loch Lomond und die Silhouette der dort beginnenden Highlands. Unter dieser Wolkenkulisse und im Vordergrund erneut der Kontrast zwischen sattem Grün und gelbem Ginster ist das ein grandioser Ausblick. Etwa 3 Kilometer entfernt zeigen sich die ersten Häuser von Drymen. Wir machen, bevor wir in den Ort gehen noch eine kleine Rast, mittlerweile unter einem strahlend blauen Himmel. Ja, das kann hier sehr schnell gehen mit dem Wetterwechsel.

Wir übernachten heute etwas außerhalb im “Green Shaddows”. Wir sollen uns telefonisch bei Gail der Besitzerin des B&B Hauses melden, damit sie uns in Drymen mit dem Auto abholen kann. Sie würde uns am Abend auch wieder zurück in den Ort bringen, damit wir zu Abend essen können. Nach einem großen Essen ist uns allen nicht und unser umgetauschtes Geld soll ja bis wenigstens Kinlochleven reichen. Und so beschließen wir, im kleinen Lebensmittelmarkt im Zentrum des Ortes uns was für das Abendessen und als Wegzehrung für den nächsten Tag zu kaufen. Drymen ist für die nächsten Tage der letzte größere Ort am Weg. Erst in Tyndrum, also in drei Tagen haben wir wieder die Möglichkeit etwas einzukaufen. Ob der angekündigte kleine Laden morgen In Balhama geöffnet hat, ist ungewiss.
Im Zentrum von Drymen befindet sich der angeblich älteste Pub Schottlands. Nichts wie rein! Sein Alter sieht man dem Pub nicht unbedingt an. Sieht hier eigentlich aus wie man sich einen Pub eben vorstellt: Ein großer Tresen mit vielen Zapfhähnen, eine Auswahl Whisky im Regal hinter dem Tresen und einige kleine Tische für die, die keinen Platz am Tresen finden. Denn so ein Platz am Tresen ist schwer zu bekommen. Der Pub ist rappel voll – nicht an den Tischen aber am Tresen. Schön ist, dass man sich als Wanderer in entsprechender Kluft nicht fremd vorkommt. Man ist hier natürlich an Wanderer gewöhnt. Die tauchen hier täglich in Schaaren auf. Der Weg wir jährlich von bis zu 50000 Wanderern genutzt. Das ergibt eine ziemliche Dichte, wenn man bedenkt, dass er nur 154 Kilometer lang ist. Man sieht das auf meinen Fotos zwar nicht immer aber man ist eigentlich nie allein unterwegs. Vor und hinter einem sieht man fast immer andere Wanderer, wenn man nur weit genug gucken kann. Doch als überlaufen kann man den Weg wirklich nicht bezeichnen. Vielleicht würde ich was anderes schreiben, wenn wir uns jeden Abend eine Unterkunft hätten suchen müssen. Das stelle ich mir schwierig vor. Denn alle Unterkünfte, die wir bisher gesehen haben, waren bereits belegt. Viele fangen auch erst hier in Drymen ihre Wanderung an, da sie den heutigen Weg als wenig reizvoll empfinden. Das kann ich nun gar nicht nachvollziehen – schon wegen der Distillery lohnt die Strecke.
Im Pub bestellen wir Guinness. Das kennen wir. Stellen jedoch fest, das dies hier aus dem Fass viel milder schmeckt als zu Hause aus der Flasche. Selbst Andrea, die sonst nie Bier trinkt, leert ihr Glas vollständig. Ich bin ein wenig Risiko – freudiger und zeige einfach auf einen der vielen Zapfhähne. Den Namen habe ich leider vergessen. Der könnte hier als Warnung auftauchen. Das scheint eher eine Art obergäriges Dünnbier zu sein, mit sehr viel Kohlensäure, dafür aber mit um so weniger Geschmack. Nee, ich hätte mir doch ein Guinness bestellen sollen. Whisky können die Schotten viel besser. Nicht umsonst genießt hier deutsches Bier einen sehr guten Ruf.
Wir biegen in ein Grundstück ein, auf dem ein, ich würde mal sagen: Eigenheim steht. Beim Versuch einzutreten mache ich sofort wieder kehrt und ziehe draußen die Schuhe aus. Die Hosen hätten wegen ihres Zustandes zwar auch draußen bleiben sollen, Ich halte es aber für unschicklich in Unterhosen ein fremdes Haus zu betreten. Irgendwie fühle ich mich hier unpassend gekleidet, so gediegen und vornehm wie hier alles aussieht. Sie zeigt uns den Salon, die Küche, den Frühstückstisch, die Bäder und die Schlafräume. Von unserem haben wir durch das große Fenster einen herrlichen Ausblick über den Golfplatz. Man hat uns nicht zu viel versprochen in der Reisebeschreibung.
Die grelle Sonne scheint ins Zimmer und man ist geblendet. Für Wanderer, die den ganzen Tag im Schottischen Wetter verbracht haben, erscheint mir dieses Haus völlig ungeeignet. Schnell gehen wir duschen und ziehen uns saubere Sachen an. Denn wie ein Wunder stehen unsere großen Rucksäcke bereits im Zimmer.
Doch die Sonne strahlt immer noch vom blauen Himmel und wir freuen uns über den überraschenden Wetterumschwung – kein Vergleich zu heute Morgen. Trotz unseres kleinen Fauxpas ist die Stimmung gut. Ne Büchse Bier und dann geht´s ins Bett. Für eine kleine Runde um den Block reicht die Lust am Laufen heute nicht mehr aus. Ich mache noch den Fernseher an. Das einzige, was etwas Kurzweil verschafft ist eine Sendung ähnlich der versteckten Kamera. Humor ist international. Da muss man die Sprache nicht immer verstehen. Ansonsten fällt mir beim durch zappen auf, dass das Fernsehen hier auch nicht besser ist als zu Hause. Auf mindestens drei Kanälen läuft so eine Art Big Brother. Mehr muss ich dazu glaube ich nicht sagen. Ich schlummere ein, als das Programm wechselt und gälischer Gesang an mein Ohr säuselt. Was für ein Tag…..
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