PWMSP 14.Mai 2013, 6. Etappe, Fürstenberg – Diemitz

Luftmatratzen - Lager in Fürstenberg

Luftmatratzen – Lager in Fürstenberg

Die Luft war raus – 

aus den dicken Luftbetten, die für die Pilger im Pfarrhaus von Fürstenberg bereit gehalten werden. Die waren zwar etwas schaukelig aber man hat gut drauf gelegen. Frühstück gab´s die Reste vom Vortag und Kaffee. Wir verließen an diesem Tag schon 7 Uhr das Haus. Denn heute war mit fast 36 km eine etwas längere Tour angesagt. Zudem eine Strecke, die nicht sonderlich gut beschildert sein soll. Also aufgepasst! und es kam wirklich so. Ich musste mich über weite Strecken auf mein Garmin verlassen und auf den nach der Beschreibung im Netz erstellten Track.
Heraus aus Fürstenberg gingen wir zunächst an der B96 entlang, bis nach der Havelbrücke ein Muschelzeichen nach rechts weist. Hinter der Eisenbahnbrücke beginnt die Röblin Siedlung, benannt nach dem See, an dem sie liegt. Zu diesem wollten wir nun laufen, gingen jedoch entgegen der Beschreibung den Uferweg – sicher ein kleiner Umweg aber auf diesem Weg sind Umwege ja eigentlich normal und meist auch gewollt.
Hier der GPS Track zur Etappe Teil 1 und Teil 2

schöne Villen am Röblinsee

schöne Villen am Röblinsee

Also nahmen wir (hier freiwillig) diesen kleinen Umweg in Kauf und folgten auf der Schokoladenseite der schönen Villen am See den Uferweg. Kein Zweifel, hier haben sich die wohlhabenderen Fürstenberger einst angesiedelt. Und es schien heute nun auch viele “Fremde” mit Geld hier her zu ziehen. Mit großem Aufwand wurden und werden große Villen renoviert und viele erstrahlen wieder im alten Glanz. Doch schnell weicht die Bebauung einem dichten Wald mit geheimnisvollen Ruinen. Hier befand sich bis 1989 eine Garnison der Sowjetarmee.

Hinterlassenschaften der Sowjetarmee

Hinterlassenschaften der Sowjetarmee

Einige eindeutige Zeichen sind noch zu erkennen. Kurze Zeit später mussten wir uns entscheiden, ob wir dem ausgeschilderten Radweg nach Steinförde weiter folgen würden oder lieber der Beschreibung vertrauen. Denn nach der Beschreibung sollten wir weiter dem Ufer des Röblinsees folgen. Nur gab es aber hier keinen Wegweiser. Wir hatten uns jedoch vorgenommen, so weit als möglich dem beschriebenen und beabsichtigten Weg zu folgen und liefen alsbald in den Wald ins Ungewisse. Der Weg war nur beschrieben. Auf den Karten im Garmin gab es ihn nicht. In einem großen Bogen nach Norden liefen wir nun durch einen herrlich urigen Wald voller Mücken bis zur Steinhavel und erreichten an ihr entlang nach einigen Kilometern Steinförde. Na geht doch! Hier begrüßte uns auch wieder eine Muschel. Nach der Beschreibung geht der Pilgerweg hinter der Havelbrücke gleich links auf einen Wiesenweg. Und auch hier gab es keinen Hinweis darauf am Wegesrand. Ich machte ein Foto und wir bogen voller Zuversicht ab.

Wiesenweg hinter Steinförde

Wiesenweg hinter Steinförde

Über einen kaum sichtbaren Wiesenweg laufend, sahen wir dann bald hinter einem Hügel auftauchend, ein paar Häuser. Das musste Kleinmenow sein, wenn wir richtig sind. Und wir waren richtig. Kleinmenow ist auch wieder so ein Ort, der keine Durchfahrtsstraße besitzt und zu dem nur eine befestigte Straße führt. Wir verließen ihn über einen sandigen Feldweg. Auf solchem Untergrund fällt das Laufen besonders schwer. Wir hatten aber beide mit mehr dieser tiefen sandigen Wege gerechnet in dieser Gegend, waren aber ganz froh, dass es dann doch nicht so war und die Wege hier bisher meist recht fest und gut begehbar waren. Nach einer großen Pferdekoppel auf der rechten Seite betraten wir alsbald wieder den Wald und standen vor dem nächsten Problem, einer Gabelung mit drei Wegen und keinem Wegweiser.

ja welcher nun ??

ja welcher nun ??

Obwohl er eigentlich weg von Priepert führte, nahmen wir den rechten, da er am meisten ausgefahren war. Und damit sollten wir richtig liegen, wie sich später herausstellte. Denn nach einigen Kilometern erreichten wir auf einem breiten, mit festem Steinsand belegten Waldweg das Forsthaus von Priepert. Später erfuhren wir, dass es eigentlich vorgesehen war, das man den Weg hier nach halb links verlässt, um auf den Uferweg des Ellenbogensees zu gelangen. Doch wieder war kein Schild zu finden. Und so nahmen wir auch dieses mal die einfachere Variante und folgten bis nach Priepert dem Schnur gerade durch den Wald führenden breiten Weg. Der war sicher viel langweiliger als ein Uferweg und auf solchen breiten Wegen, die keine Höhe- und Bezugspunkte oder Abwechslungen haben, glaubt man überhaupt nicht voran zu kommen. Ich erinnere mich da an eine solche Passage auf dem Camino Frances in Spanien. Nach dem Aufstieg in die Oca Berge hinter Villa Franca de Oca schließt sich eine breite Feuerschutz – Schneise durch den Wald an, die sich wirklich ewig hin zog. Nur dort waren dann auch noch die Temperaturen auf einem Niveau, dass bald nicht mehr angenehm war. Wir jedoch liefen hier in Mecklenburg heute wieder bei schönstem Wanderwetter. Die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel und die Temperaturen blieben weit unter 20 Grad.

die Kirche in Priepert

die Kirche in Prieper
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Und bei diesem schönen Wetter liefen wir nun durch Priepert auf der Suche nach einem Bäcker, den uns Frau Rexer aus Diemitz (unsere heutige Unterkunft) empfohlen hatte. Am Gesicht von Andrea sah ich aber, dass sie keine Lust hatte, noch länger zu suchen. Und so bogen wir hinter der Kirche links ab zum Campingplatz. Denn dort gibt es einen Imbiss. Und der war richtig gut – mit selbst gemachten Buletten und selbst gebackenem Kuchen. So erhellte sich ganz schnell Andrea´s Mimik wieder und wir konnten uns an die zweite Teilstrecke des Tages machen.

schönes Bauernhaus in Priepert

schönes Bauernhaus in Priepert

Dazu mussten wir zurück auf die Hauptstraße. Und dort angekommen stellte sich heraus, dass wir hätten nur 50 Meter weiter gehen müssen, um vor dem angepriesenen Bäcker zu stehen, der jeden Tag frischen Kuchen anbietet. Aber so ist das manchmal. Kurz vor dem Ziel gibt man resigniert auf, weil man glaubt dieses aus den Augen verloren zu haben. Aber einen Blick um die Ecke sollte man immer noch wagen. Frau Rexer hatte uns am Telefon sogar angeboten, uns hier in Priepert abzuholen, als sie gehört hatte, dass wir von Fürstenberg loslaufen würden. Dankend lehnte ich natürlich das nette Angebot ab. Wir haben noch nie geschummelt auf einem Pilgerweg und so würden wir damit auch in Mecklenburg nicht damit anfangen. Und noch lief es gut. Die Füße, mit denen ich bisher überhaupt keine Probleme hatte, waren blasen- und schmerzfrei und der Kopf drängte nach dem weiteren Weg. Nur der Rücken machte mir nun von Tag zu Tag größere Probleme, was daran lag, dass ich immer noch nicht die optimale Position des Rucksackes gefunden hatte. Los ging das immer bei etwa 20 Kilometern. Und die waren bald erreicht.

schöne alte Allee hinter Priepert

schöne alte Allee hinter Prieper
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Hinter Priepert, das man über die Havelbrücke auf einer  Asphaltstraße verlässt, biegt der Weg bald halb rechts auf einen Feldweg ab. Nach dem Feldweg, von dem wir noch einmal nach Priepert und dem Priepertsee zurück blickten, liefen wir nun durch eine herrliche alte Eichenallee bis in den Ort Hartenland. Auch hinter diesem winzigen Ort setzte sich die Allee fort. Hier schien es so, als wenn man vor nicht all zu langer Zeit den Straßenbelag entfernt hätte.

alte Scheune am Weg

alte Scheune am Weg

Der Boden zwischen den Bäumen war zerwühlt, locker und ohne Vegetation. Diesen Weg hätte ich mir auch als alte Pflasterstraße vorstellen können, was er vielleicht auch früher einmal war. Die Pflastersteine liegen jetzt vielleicht dekorativ auf einem Marktplatz oder in einem privaten Anwesen. Egal, irgend jemand hat sie gebraucht und nun sieht diese Alle etwas merkwürdig aus. Sie endet dann auch recht unspektakulär im Nichts. Denn sie trifft auf einen kleinen Pfad, an dem wir uns wieder entscheiden mussten, ob wir nach rechts oder links gehen, denn ein Wegweiser war hier wieder nicht zu sehen. Und hier schien auch nie einer gewesen zu sein.

Ahhh!

Ahhh!

Bevor es jedoch weiter gehen konnte, musste ich was für meinen Rücken tun. Man glaubt gar nicht, wie entspannend es wirkt, wenn man sich mal flach auf eine Wiese legt. Und das tat ich nun und musste aufpassen, dass ich nicht einschlafe. Aber das fehlende Schild ging mir nicht aus dem Sinn. Und so musste ich wieder den Garmin bemühen. In meinen Tracks vermerkte ich später solche Stellen, an denen ich es für angebracht halten würde, einen Wegweiser aufzustellen. Auch die Stellen, wo man sah, dass es früher mal einen solchen gab, habe ich gekennzeichnet. Wir trafen hier auf dieser Etappe viele solche Wegweiser, die von Vandalen oder Souvenir-Jägern zerstört worden sind oder wegen der Witterungseinflüsse unkenntlich geworden waren. Berichtet wurde uns, dass Wegweiser auch von Anwohnern immer wieder zerstört werden, was ich auf Unkenntnis der Bedeutung des Pilgerns und des Weges zurückführte oder im schlimmsten Fall auf Dummheit und Böswilligkeit. Auf alle Fälle bedarf es hier einer umfassenderen Aufklärung durch die Landeskirche und die Landesregierung als Organisatoren des Weges. Wir als Pilger hatten nur die Möglichkeit durch offenes und freundliches Auftreten, das Image des Weges aufzubessern oder ihm überhaupt eins zu geben.

Wustrow

Wustrow

Und so versuchten wir hier besonders freundlich zu lächeln und zu grüßen, wenn wir jemanden trafen. Während einer Rast in Wurstrow, dass wir nun erreicht hatten und in dem es einen kleinen Laden gibt, in dem wir etwas zu Essen und zu Trinken bekamen, halfen wir sogar bei der Entenjagd. Ein paar kleine Entenküken waren ausgebüchst und drohten nun auf der Straße überfahren zu werden. Es ging jedoch gerade noch mal gut aus. Denn sie verschwanden auf dem nächsten Gehöft. Aber auch in Wustrow fehlte es am entscheidenden Platz an einem Wegweiser. Fast am Ortsende muss man sich nämlich nach links halten.

Panorama hinter Wustrow

Panorama hinter Wustrow

Bergauf ging es durch tiefen Mecklenburger Sand auf den Klenzsee zu. Kurze Zeit später sahen wir wieder einen Pfahl, an dem früher mal eine Muschel den Weg wies. Dann wieder einer mit abgerissenem Schild. So langsam nahm es überhand. Der Attraktivität des Weges tat das glücklicherweise keinen Abbruch. Es war eine Lust hier zu wandern und das glückliche Händchen bei der Auswahl der Wege war wieder mal hervor zu heben.

Steinzeitsiedlung oder Einsiedler am Klenzsee?

Steinzeitsiedlung oder Einsiedler am Klenzsee?

Am Klenzsee führt der Weg wieder einmal direkt an der Uferlinie entlang und dort sahen wir auch eine kleine Schilfhütte mit Feuerstelle, wie man sie vielleicht eher in der Steinzeit vermutet hätte. Die Nähe des Campingplatzes von Seewalde ist wohl der Grund für diese Hütte und einige Jogger, die wir auf dem Uferweg sahen. Bei Seewalde haben wir dann doch etwas geschummelt, denn wir sind nicht bis zum Campinplatz gegangen, sondern sind weiter auf der Straße bis Drosedow geblieben. In Drosedow (bevor sich die Straße teilt) dann wieder eine Stelle, die unbedingt ein Schild kennzeichnen muss. Mitten Im Ort geht es nach links zum Drowsedower Riek, einem Sumpfgebiet. Bevor man den Ort verlässt, wieder ein Holzstumpf, an dessen oberem Ende früher mal ein Muschelzeichen war. Es ist schade, wenn die Mühen anderer so wenig geachtet werden, denn man sah, dass dieses Schild gewaltsam entfernt wurde.

Knüppeldamm durch das Sumpfgebiet bei Drisedow

Knüppeldamm durch das Sumpfgebiet bei Drisedow

Durch das Drosedower Riek führt ein schlammiger feuchter Pfad, den ich bei schlechtem Wetter nicht unbedingt gehen möchte. An der Stelle, wo es richtig sumpfig wird, gab es dann bis zu einer hoch gesetzten Brücke ein Knüppeldamm, der vor nicht all zu langer Zeit erneuert wurde. Denn die alten Knüppel lagen zu Haufen aufgestapelt im Sumpf und verrotteten vor sich hin. Nach der Holzbrücke, die uns sehr an den Spreewald erinnerte, kommt man an eine Weg-Kreuzung, an die einfach wieder ein Wegweiser gehört. Hier muss man nach links, denn beide anderen Alternativen enden als Sackgasse am Ufer des Rätzsees. Dem Weg folgten wir durch einen dichten, dunklen Hochwald. Nach etwa 2 Kilometern dann eine Weggabelung, an der man den linken Weg wählen muss, denn rechts geht es zur Flether Mühle.

heraus gerissener Pfahl mit Wegweiser

heraus gerissener Pfahl mit Wegweiser

Wir wollten nun aber endlich nach Diemitz, dass nicht mehr weit sein konnte. Und so fotografierte ich noch schnell den aus dem Boden gerissenen unbrauchbaren Wegweiser und wir folgten dem Weg, den mir das GPS Gerät anzeigte. Etwas bergauf erreichten wir die Straßenkreuzung an der sich die Straßen von der Flether Mühle, von Canow und von Diemitz treffen. Der weitere Weg von hier ist zwar eindeutig, trotzdem bemerkter wir, dass unter einem Straßenschild wieder mal ein Platz leer war, an dem früher ein Muschelschild angeschraubt war. Man bekommt immer mehr einen Blick dafür, wo eigentlich ein Schild hin gehört. Nun bin ich kein Verfechter, den Wald mit Schilder zu zu pflastern, wie das kurz vor Santiago der Fall ist. Ein wenig Orientierungssinn und Nervenkitzel gehören zu solch einer Tour dazu und ein gesunder Menschenverstand, den ich aber den Leuten abspreche, die sich hier an den mühevoll aufgestellten Schildern vergreifen. Denn an neuralgischen Punkten sind diese Schilder sehr hilfreich und helfen dabei die innere Ruhe zu behalten. Die hatten wir nun auch wieder in der Gewissheit, kurz vor dem Tagesziel zu sein.

Endlich ! nach fast 36 Kilometern

Endlich ! nach fast 36 Kilometern

Der Weg sollte hinter der Havelbrücke eigentlich wieder zu einem Uferweg (zum Vilzsee) führen. In Ermangelung eines Wegweisers blieben wir jedoch auf der Straße bis nach Diemitz. Dort angekommen fanden wir sehr schnell das Haus von Frau Rexer, die noch nicht zu Hause war. Neugierig von den Nachbarn beobachtet, ließen wir uns kurzerhand auf dem Rasen vor ihrem Haus nieder, in das sie erst vor kurzem eingezogen war. Um so erstaunlicher, dass sie bereits Pilger aufnimmt, denn das Haus ist noch eine einzige Baustelle. Von Frau Rexer, die wenige später eintraf, erfuhren wir, dass sie vor hat, ein ehemaliges Taubenhaus zum Pilgerquartier umzubauen. Lange saßen wir noch im Wohnzimmer und schwatzten über alles Mögliche, vorwiegend natürlich über den Weg. Denn Frau Rexer kümmert sich als Wegpate um die nähere Umgebung und hatte nun wieder ihre Befürchtungen von uns bestätigt bekommen, dass viele Schilder aus den verschiedensten Gründen nicht mehr vorhanden waren. Sie bat um eine Rückmeldung nach der Auswertung meiner Daten und Fotos, was ich ihr natürlich versprach. Eigentlich war vereinbart, dass ich hier auf dem Grundstück unser Zelt aufbaue, weil  das Quartier ja wirklich noch nicht fertig ist. Doch es sollte in dieser Nacht mit den Temperaturen in den Keller gehen. Und so nahmen wir das Angebot von Frau Rexer dankend an, im Wohnzimmer zu schlafen. Ich blies also unsere Luftmatratzen auf und wir nächtigten im Haus. Wir möchten Frau Rexer hier nochmals recht herzlich danken für die Gastfreundschaft, die netten Gespräche und den Kartoffelsalat.

Entschuldigt, dass in diesem Post so oft das Wort “Wegweiser” vorkommt. Das war auf dieser Etappe aber eben ein echtes Problem.

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