ökumenischer Pilgerweg 2. Teil

imagesDa fehlt doch noch was!

Wer meinen Blog aufmerksam gelesen hat weiß, dass wir bisher nur von zu Hause aus bis nach Eisenach auf dem ökumenischen Pilgerweg gelaufen sind, also nur auf etwa der Hälfte des gesamten Weges. Nun ist es soweit. Wir fahren zum Anfang des Weges, um von dort aus zurück vor unsere Haustür zu laufen. Wir haben noch etwas Urlaub übrig und wollen diesen für ökumenischen Pilgerweg nutzen. Am 22. September geht es los. Ich habe eine günstige Bahnverbindung gefunden und sofort gebucht. Wir starten am nächsten Sonntag morgen nach Leipzig, haben dort Anschluss mit dem ICE nach Dresden Neustadt und fahren von dort  aus mit der Regionalbahn nach Görlitz. Das ganze kostet 29€ – ein wirkliches Schnäppchen und ein Grund wieder mal mit der Bahn zu fahren. Los gehen wir dann am nächsten Tag in Görlitz. Der Weg führt uns über Bautzen, Kamenz, Großenhain, Strehla und Wurzen bis zurück nach Delitzsch. In 10 Tagen wollen wir wieder da sein. Haus und Hund sind versorgt und so können wir uns voll und ganz auf das Vorhaben konzentrieren.

So spät haben wir noch nie angefangen mit unseren Vorbereitungen. Nun ja, wir glauben auch nun zu wissen, was uns erwartet und was man auf so einem Pilgerweg wirklich braucht und was man getrost zu Hause lassen kann. Viel wird nicht los sein auf dem Pilgerweg. Und dass wir auf andere Pilger treffen, erscheint doch eher unwahrscheinlich. Na wir lassen uns überraschen. In Mecklenburg haben wir ja auch völlig unerwartet eine Mitstreiterin getroffen.

meine bessere Hälfte und ich (hier auf dem CF 2011)

meine bessere Hälfte und ich (hier auf dem CF 2011)

Das Angenehme auf den deutschen Pilgerwegen ist für den der es mag, die Ruhe und Einsamkeit: Kein Betten – Gerenne, kein Schnarchen (bis auf meines natürlich) und entspannte, wenig hektische Herbergseltern. Das macht diese Wege so angenehm. Wer mit der Einsamkeit nicht zurecht kommt, muss sich halt Begleitung organisieren. Ich habe das getan, in dem ich vor vielen Jahren geheiratet habe und meine Frau zum Glück meine Macken teilt bzw. toleriert. Diese Ruhe hat sich nun anscheinend auch auf unsere Vorbereitung gelegt. Während ich früher jede Unterkunft und jede Etappe geplant hatte, gehen wir dieses Mal einfach los. Die einzige Vorbereitung war die Organisierung eines ortskundigen Stadtführers in Görlitz. Uwe aus dem Pilgerforum hatte sich schon vor geraumer Zeit angeboten und wird uns seine Stadt zeigen, nachdem er seinen Dienst im Wahlbüro geleistet hat. Apropos Wahl: Wir haben beantragt, dass man uns die Briefwahlunterlagen zuschickt, da wir ja am Wahltag im Zug sitzen. Auch das können wir also locker sehen.

ja, das war ich mal 1976 im LehrlingswohnheimWir sind  aber trotzdem sehr gespannt auf diesen Weg. Obwohl ich viele Orte und Gegenden kenne, wird es spannend sein, das Land aus einer anderen Perspektive und in einer völlig anderen Geschwindigkeit zu sehen. Ich bin gespannt auf die vielen Veränderungen an Orten, in denen ich vor langer Zeit schon einmal war. Das betrifft vor allem die Gegend um Bautzen und Kamenz. Ich habe mal BMSR – Techniker gelernt, für alle, die damit nichts anzufangen wissen: Betriebs- Mess- Steuerungs- und Reglungstechniker – ein besserer Elektriker eigentlich. Heimatbetrieb war ein Kreisbetrieb für Landtechnik an meinem Wohnort. Aber die Ausbildung fand in Panschwitz Kuckau, einem Dorf zwischen Bautzen und Kamenz statt. Für zwei Jahre stand dort in einem Lehrlingswohnheim mein Bett und nur alle zwei Wochen ging es per Bahn oder später per Motorrad nach Hause. Für uns war das damals wie eine kleine Weltreise, war man doch mit dem Zug eine Ewigkeit unterwegs, musste einige Male umsteigen und die Motorräder waren damals auch noch nicht so schnell. Was so auch gut war, denn der Zustand der Straßen und Autobahnen ließ höhere Geschwindigkeiten eh nicht zu. Ja und heute laufe ich von dort nach Hause. So ändern sich die Zeiten. Wenn mir das damals jemand gesagt hätte, dem hätte ich den Vogel gezeigt. Vieles verklärt sich mit dem Lauf der Zeit. Und so lässt sich heute sagen, dass es doch bei aller Gängelei der Heimleitung, der Erzieher, der Lehrer und der Lehrausbilder doch eine sehr schöne Zeit war und mir so manche Jugendsünde  wieder einfällt, die ich hier jedoch auf keinen Fall preisgeben werde, weilen doch einige Betroffene sicher noch unter uns.
in der Goitzsche, Rast an den Wächtern

in der Goitzsche, Rast an den Wächtern

Ganz untätig waren wir dann aber doch nicht. Denn für lange Zeit können wir die Füße eh nicht still halten. Und so machten wir in den letzten Wochen hier in der Gegend einige Wanderungen. Die Goitzsche, eine Landschaft die dem Braunkohlenbergbau zu verdanken ist (ich hätte nie gedacht, dass ich das mal so sage!) erstreckt sich auf etwa 62 ha zwischen Delitzsch und Bitterfeld. Sie ist zur grünen Oase mit viel Wildnis und Wasser geworden und natürlich zu einem bei jeder Jahreszeit lohnenswerten Ausflugsziel. Ob mit dem Fahrrad oder zu Fuß, es gibt immer etwas zu entdecken. Die Goitzsche ist mittels Rennrad – tauglichen Asphaltwegen sehr gut erschlossen, bietet aber auch abseits dieser Rollerpisten schöne naturbelassene Wege. Das gesamte Areal ist ein Freiluft – Labor in dem man beobachten kann, wie sich die Natur die Jahrzehnte lang geschundene Landschaft zurück holt.

Beobachtungen am Wegesrand

Beobachtungen am Wegesrand

In jedem Jahr gibt es Veränderungen. Sei es dass sich der Baumbestand ändert, dass Pioniergehölze wie Pappel oder Birke so langsam von Mooreichen, Hainbuchen, Kiefern oder Erlen verdrängt werden. Oder dass die Tierwelt vielfältiger wird. Neuerdings wurden selbst Seeadler, Eisvögel, Biber und Fischotter gesichtet. Wer die Gegend um Bitterfeld seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat, wird seinen Augen nicht trauen. Bitterfeld, der Inbegriff für Dreck, Gestank und Umweltverschmutzung ist für uns zu einem Naherholungsgebiet geworden.

Knüppelbrücke am Zöckeritzer See

Knüppelbrücke am Zöckeritzer See

Oft nutzen wir unsere Freizeit, um dort zu wandern oder mit dem Rad zu fahren. Auf der großen Runde um den Goitzsche – und den Seelhausener See ergibt sich von uns aus immerhin eine Strecke von fast 70 Kilometern. Obwohl man Luftlinie nie viel weiter als 15 Kilometer von zu Hause entfernt ist. Leider wurden große Teile der Wege durch das Juni – Hochwasser 2013 zerstört. Die Mulde hat wie schon beim Hochwasser von 2002 ihr altes Flussbett besucht. Dabei stieß sie jedoch auf Straßen und Wege, die kurzerhand von den Fluten bei Seite geräumt wurden. Wer das Ausmaß der Zerstörungen sieht, dem wird klar, was Wasser für eine ungeheure Kraft hat. Leitplanken ragen verdreht wie Korkenzieher in ein breites bis zu 5 Meter tiefes ausgespültes Becken. Die Reste des Asphaltbelages liegen in Stücken weit verstreut. Das Wasser der Mulde strömte zunächst durch einen gebrochenen Deich in den Seelhausener See und durchbrach dann einen breiten Damm zwischen Seelhausener- und Goitzschesee. Auf dem etwas höher liegenden Damm verläuft zudem auch noch der Lober – Leine Kanal, dessen Wasser sich zusätzlich in den Durchbruch ergoss.

hier war früher mal der Feldherrenhügel

hier war früher mal der Feldherrenhügel

In drei großen Breschen von bis zu 150 Meter Breite strömte das Wasser in den Goitzschesee und nahm alles mit, was im Weg war. Ganze Hügel wurden einfach weg gerissen. Die Landschaft ist völlig verändert.  Der Pegel des Goitzschesees stieg rasant auf einen bedenklichen Pegel an und bedrohte Teile Bitterfelds und den angrenzenden Chemiepark. Kilometer lange Sandsack – Barrieren wurden durch  das Gebiet gebaut. Zum Glück ging alles glimpflich ab. Der Schaden im Renaturisierungsgebiet ist jedoch enorm und ob die Mittel da sind, um die Wege kurzfristig zu reparieren wird sich zeigen. Zunächst tut sich erst mal nichts und mein Rennrad muss im Stall bleiben. Denn hier kommt man nur mit einem MTB durch.
Der Radweg - einfach weg

Der Radweg – einfach weg

Mein größter Ärger neben den zerstörten Wegen: Hier befand sich meine ganz geheim gehaltene hervorragende Pilz – Stelle mit Rotkappen, Birkenpilzen, Steinpilzen und Maronen. Alles dahin! Ich muss mir nun eine neue Stelle suchen. Ich war vor kurzem mit dem Fahrrad dort und kann einige Fotos präsentieren. Wenn man aber die Gegend nicht von Früher kennt, ist es schlecht einschätzbar, was hier wirklich passiert ist.

Aber ich verzettele mich wieder, so interessant dieses Thema vielleicht auch ist. Aber nun zurück zum eigentlichen Thema:
Noch liegt er leer in der Ecke

Noch liegt er leer in der Ecke

Noch liegen die Rucksäcke schlaff und leer im Keller. Eigentlich reicht es mittlerweile, wenn wir sie einen Tag vor der Abreise packen, wissen wir doch genau, was wir auf dem Weg brauchen und was nicht.

Sie dürften auch wieder etwas leichter werden, denn die Campingausrüstung, die ich auf dem PWMSP noch mit geschleppt habe, kann dieses Mal getrost zu Hause bleiben. Der ökumenische Pilgerweg verfügt bereits über eine gut ausgebaute Infrastruktur mit vielen Herbergen und gut gekennzeichneten Wegen. Einzig die Versorgung mit Lebensmitteln tagsüber wird uns wieder Sorge bereiten. Gut, wenn dann noch genügend Platzreserven in den Rucksäcken sind.
Eine Änderung gibt es jedoch im Vergleich zu den vorigen Wanderungen. Wir haben neue Schlafsäcke. Die alten 630g Penntüten waren nicht mehr warm genug für Ende September. In denen habe ich schon beim Test im Frühjahr, in meinem Zelt bei uns im Garten gefroren. Nach mehrmaligem Waschen verlieren die Kunstfasern offensichtlich ihre Dämm – Eigenschaften. Also mussten neue her und möglichst welche, die nicht viel schwerer und größer sind als die alten.
unsere neuen Schlafsäcke

unsere neuen Schlafsäcke

Nach langem Suchen (für das ich meinem Freund Jörg sehr dankbar bin, denn er hat sie gefunden) kamen wir auf den Lafuma Active 45XL. Der wiegt nur 680g (inkl. Kompressionssack), ist ein 80 cm breiter und 2,20 Meter langer Deckenschlafsack, in dem man viel mehr Bewegungsfreiheit hat. Ich fühlte mich in der Mumie immer etwas beengt wenn die Arme mit drinnen waren und hatte den Reißverschluss deshalb fast immer offen. Das Packmaß des neuen liegt bei 32×14 cm und er scheint wirklich ein ganzes Stück wärmer zu sein. Der Innenstoff fühlt sich schon mal wesentlich angenehmer an, als bei den alten Schlafsäcken. Diese kosteten eben auch nur 29€ und da musste man einige Abstriche und Kompromisse machen. Insgesamt haben sie uns aber in vielen Nächten gute Dienste geleistet. Wenn die neuen genau so gut halten, was ich nach dem ersten Eindruck und in Anbetracht des höheren Preises erhoffe, werden wir viel Freude an diesen Schlafsäcken haben. Auf alle Fälle habe ich bei den Recherchen festgestellt, dass es sehr schwierig ist, einen großen Deckenschlafsack mit entsprechend geringem Gewicht und Packmaß in diesem Temperaturbereich zu finden, der zudem in unser Budget passt. Zum Glück scheinen wir ihn gefunden zu haben.

Ja was noch? Ne neue Wanderhose für mich musste her, nachdem meine geliebte schwarze Moorwood verschlissen war. Eher versuchsweise, mit nicht all zu hohen Erwartungen habe ich eine bei Lidl – Online bestellt. Für 9,99€ kann man erst mal nicht viel verkehrt machen, dachte ich. Großes Erstaunen und angenehme Überraschung dann beim Auspacken: Denn die Hose passt nicht nur perfekt, sie macht auch einen sehr wertigen Eindruck. Alle Nähte sind sauber gesäumt, der Stoff ist sehr leicht und trotzdem wirkt er robust. Und etwas wasserabweisend ist sie auch. Leider ist sie mittlerweile online bereits vergriffen, sonst hätte ich mir noch eine bestellt.
Vor dem Packen werde ich wie üblich noch ein paar Fotos machen, auch zum Vergleich, was beim vorigen Mal alles noch mit durfte und was sich seit dem geändert hat an der Ausrüstung. Der Pilgerführer bleibt wieder zu Hause.
Auszug aus der Tabelle zum öP

Auszug aus der Tabelle zum öP

Meine bei mittlerweile vielen Pilgern bekannte Tabelle mit Informationen zu den Etappenorten, die ich mit viel Mühe aus verschiedenen Quellen zusammen getragen habe, passt zusammen mit der Wegbeschreibung, die auch Auszüge aus Karten enthält, beidseitig ausgedruckt auf vier A4 Seiten. Sie enthält Angaben zur Ausstattung, zur Kapazität, zur Adresse, zu den voraussichtlichen Kosten und den Telefonnummern der Ansprechpartner. Eine kleine Aufzählung der Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten in den durchwanderten Orten und Gegenden ist hier und da auch eingefügt. Diese Material genügt völlig, um sich zurecht zu finden. Bei Interesse können die Materialien HIER herunter geladen werden.

Meine Kamera kommt natürlich auch wieder mit. Und ich hoffe auf viele interessante Motive, die ich präsentieren kann. Ja und der Rest gelangt nach Erfahrung und Gefühl in den Rucksack. Eine Packliste gibt es wie immer nicht von mir. Da bin ich eisern. Veröffentlichte Packlisten verursachen nur überflüssige und ellenlange Diskussionen, was nun gebraucht werden könnte, und was nicht. Jeder setzt andere Prioritäten und besitzt ein unterschiedliches Maß und eine unterschiedliche Vorstellung an und von Wohlgefühl.
Manche Frau braucht unbedingt ihren Fön und ein drittes Paar Schuhe.
Mancher Mann braucht unbedingt eine zweite Unterhose. smile

Ich kann da nur Vorschläge machen und bin gern bereit, Anfängern mit Rat zur Seite zu stehen.

Nun hoffen wir auf gutes Wetter und gute Füße. Ich melde mich wieder, wenn wir zurück sind und dann gibt es neuen Lesestoff.
Die Fotos vom Rucksackinhalt folgen nächste Woche, wenn wir die Rucksäcke packen.
Bis bald, Gert
und das nehmen wir alles mit

und das nehmen wir alles mit

fertig gepackt: 7,1 kg ohne Wasser und Verpflegung

fertig gepackt: 7,1 kg ohne Wasser und Verpflegung

 

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