von Porto nach Muxia – die Anreise

das muss wieder alles in den Rucksack

das muss wieder alles in den Rucksack

Nun liegt der Inhalt unserer Rucksäcke wieder schön sortiert im Wohnzimmer und wir sind mehr oder weniger startbereit für den Caminho Portugues. Warum mehr oder weniger? Ich bin sozusagen von der Couch aufgestanden, obwohl ich weiß, dass dies sicher nicht günstig ist. Der innere Schweinehund und ein paar Wehwehchen an der Achillesferse (“faule Ausrede” sagt Andrea) haben verhindert, dass ich mich besser vorbereite.

Das sollte sich im Laufe des Weges noch bitter rächen. Das war definitiv keine so gute Idee.

Der Flieger geht 15 Uhr ab Berlin Schönefeld. Wir fahren mit Jörgs Auto zum Flugplatz. In dessen Nähe haben wir bereits lange voraus einen Parkplatz online gebucht und ein Kleinbus bringt uns von dort zum Abfertigungsgebäude. 55 Euro für 18 Tage inklusive Transfer – das ist annehmbar.

Jörg und ich in Schönefeld

Jörg und ich in Schönefeld

In 18 Tagesetappen wollen wir von Porto über Santiago bis nach Muxia am Atlantik laufen. Das werden auf der geplanten Strecke etwa 360 Kilometer. Unsere Erfahrungen sagen aber, dass es sicher wieder mehr wird, da links und rechts des Weges man sich dieses und jenes anschaut oder andere Weg – Varianten läuft. Neben Andrea wird mich mein Kumpel Jörg begleiten, der auch schon auf dem Primitivo dabei war. Er wollte ursprünglich mit seinem Schwager gehen, fragte aber sofort, ob er mit uns mitkommen kann, als bei seinem ursprünglichen Plan was dazwischen kam. Ja warum nicht? Auf dem Camino Primitivo 2012 hat es doch auch schon geklappt. Ich weiß, dass er eigentlich viel schneller laufen könnte als wir. Er ist jedoch in der Lage sich zumindest in der Laufgeschwindigkeit an uns anzupassen. Bei einigen anderen Dingen haben wir aber durchaus andere Ansichten und Gewohnheiten, was die Sache manchmal schwierig macht und unnötige Spannungen entstehen. Deshalb sollte sich das jeder genau überlegen, ob er das Risiko eingeht, eine langjährige Freundschaft auf dem Camino zu gefährden. In der Gruppe gehen, heißt oft sich unterordnen und Kompromisse eingehen. Wenn man dazu nicht bereit ist, sollte man sich lieber allein aufmachen. Dazu aber später mehr. Zunächst freuen wir uns erst mal auf den Weg und sind sehr gespannt.

sicher für den Flug verpackt

sicher für den Flug verpackt

Viele, die auf dem Zentralweg aus Porto heraus gegangen sind, berichten davon, dass dieser nicht sehr erbaulich sein soll. Deshalb haben wir vor, uns den offensichtlich nicht so schönen Abschnitt zu sparen. Ich habe ein kleines Hotel am Flughafen gefunden, wo wir die erste Nacht verbringen wollen. Dann sind es am ersten Tag nur ein paar Kilometer bis zum Meer. Die erste Etappe gehen wir also auf dem Caminho Portugues da Costa bis nach Villar Do Conde.

Warum nicht ab Porto? Dort in der Kathedrale gehen die meisten los und dort bekommt man auch seinen ersten Pilgerstempel. Der Weg am Duro entlang ist sehr schön und man kann für die etwa 6 Kilometer auch die historische Straßenbahn nutzen. Nun – wir kommen erst gegen Mitternacht auf dem Flughafen an. Der liegt weit außerhalb der Stadt und so war es ratsam, gleich am Flughafen zu nächtigen, anstatt mit der U-Bahn in die Innenstadt zu fahren. Zu empfehlen ist das Hostal AiroPorto, welches sich nur 15 Gehminuten vom Flugplatz entfernt befindet.
Nachdem das Sicherheitspersonal wieder sehr viel Gefallen an mir gefunden hat, stehen wir nun seit geraumer Zeit auf dem Flugfeld in Berlin und beobachten, wie die Fluggäste mit dem priority Checkin, die bereits bis zur Gangway vorgedrungen waren, wieder zurück gepfiffen werden. Die Gepäckbänder bewegen sich seit einiger Zeit nicht mehr und das Flughafenpersonal schaut genauso unschlüssig wie wir. Eine Art Handwerker geht die Gangway nach oben und betritt mit einer Werkzeugkiste das Cockpit. Unruhe macht sich breit und wir machen unsere Witze. Nee nee!, Vertrauen schaft das nicht gerade. Die Ryanair – Maschine war gerade erst gelandet, bereits mit Verspätung. Doch bevor die Unruhe noch größer wird, geht es dann endlich los. Trotzdem oder gerade wegen solcher Beobachtungen, bin ich immer froh, wieder unten zu sein. Der Flug verläuft ohne Vorkommnisse, außer dass ich irgendwann unsanft aus dem Schlaf gerissen werde, weil mir ein Stuard mit seinem Saftwagen gegen das linke Knie gedonnert ist. Da hilft auch sein Entschuldigungsgesicht nicht – der Schreck und der Schmerz sind da. Und mein Knie brauche ich noch ne Weile!
Die Landung ist sehr ruppig. Wie immer rammeln alle sofort los und man bekommt den Hintern des Nachbarn ins Gesicht gedrückt, weil dieser wie wild nach seinem Handgepäck hangelt, obwohl das Flugzeug noch nicht mal richtig steht. Das wird wohl nie funktionieren. Einige haben es immer besonders eilig, meist auch die, die bis zuletzt am Gepäckband stehen. Es gibt also eine Gerechtigkeit im Flugverkehr und innerlich muss ich schmunzeln. Ich weiß, das ist gehässig.
Flughafen Porto

Flughafen Porto

Mein in Folie eingewickelter Rucksack, an dem auffällig drei paar Treckingstöcke hängen, ist einer der ersten auf dem Band. Die Folie ist schnell entfernt und ich wuchte den ungewohnt schweren Rucksack auf meinen Rücken. Er birgt alles, was nicht mit in die Kabine durfte: Flüssigkeiten, Messer, Scheren und eben die Stöcke von drei Pilgern. So sparen wir uns zweimal die Kosten für das Zusatzgepäck. Als uns der Flughafen ausspuckt, stehen wir auf nassen Straßen. Der Wetterbericht, den ich seit Tagen verfolge, verheißt nichts Gutes. Andrea schimpft, ich solle aufhören zu unken. Na wir werden ja sehen.
Nachdem Andrea ihre übliche “after – Flight – Cigarette” geraucht und mein Handy endlich einen GPS Fix gefunden hat, ziehen wir los. Auf der Karte sieht das ja immer so einfach und übersichtlich aus. Da sind es nur drei Ecken und man steht vorm Hotel. In der Finsternis und inmitten des wuseligen Verkehrs, bin ich dann aber immer froh, diesen kleinen Helfer in der Hosentasche zu haben, der mir die Richtung weist. Denn hier gibt es keine gelben Pfeile. Schon zu Hause habe ich mir die Lage der Unterkünfte, die nicht direkt am Weg sind gespeichert. Ich finde es furchtbar, wenn man am Nachmittag mit schmerzenden Füßen am Ziel ankommt und dann erst mal die Herberge suchen muss. Ich will dann einfach nur schnell fertig sein, duschen, die Füße hoch legen und ein Belohnungsbier trinken. Der Weg ist das Ziel, heißt es. Bei mir stimmt das nur bedingt. Denn irgendwann auf der Strecke kommt ein Punkt, an dem die verschiedensten Schmerzen die Oberhand übernehmen und die positiven Eindrücke keinen Eingang mehr zum Kopf finden. Bei Andrea ist das ähnlich, sie bekommt dann einen anderen Gesichtsausdruck, wogegen ich anfange zu “rennen”, um es schneller hinter mich zu bringen. Das passiert automatisch. Ich konnte bisher nichts dagegen tun.
AirPorto Hostal

AirPorto Hostal

Die Beine legen wir nun erst mal in dem netten keinen Hostal am Flughafen hoch. Ein junger Mann begrüßt uns freundlich am Tresen und unsere Vorausbuchung über Bocking.com ist schnell gefunden. Draußen am Laternenpfahl habe ich schon die erste Muschel entdeckt, ein Zeichen, dass hier sehr oft Pilger absteigen. Der Weg, oder besser die Wege gehen hier allerdings überhaupt nicht entlang, sondern einige Kilometer weiter im Landesinneren und an der Küste. Wir haben ein 6 – Bett Zimmer mit drei Stockbetten. Nur noch ein Spätankömmling gesellt sich zu uns ins Zimmer. Meinen Rucksack hatte ich wie schon geschrieben aufgegeben, da hier alle Gegenstände drin sind, die nicht in die Flugzeug – Kabine durften. Die werden nun auf uns drei aufgeteilt. Ich kann ja nicht alles schleppen! Das ist alles, was heute noch zu tun ist, damit morgen früh keine Hektik aufkommt. Nach dem Duschen fallen wir schnell ins Bett. Portugal hat eine andere Zeitzone. Wir haben eine Stunde dazu gewonnen, können also eine ganze Stunde länger schlafen.
Wir treffen uns am Morgen mit Jürgen aus Ulm. Den haben wir 2012 auf dem Camino Primitivo kennen gelernt und unser Kontakt ist nie abgerissen. Wie haben ihn und er hat auch uns bereits zu Hause besucht. Eigentlich wollte ich es vor Andrea geheim halten, dass er mit uns geht. Das Gesicht hätte ich gern gesehen, wenn er plötzlich vor uns steht. Aber irgendwie ist es doch bereits vorher durch gesickert.
Ich schlafe wie immer oben im Stockbett. Die gesamte Bettkonstruktion wackelt gefährlich und Andrea meldet lautstark ihre Bedenken an. Ich solle doch endlich ruhig liegen! Gar nicht so einfach für mich, da es immer ein Weilchen dauert, bis ich den Schlaf finde und mich davor im Bett drehe wie ein Brummkreisel. Aus dem Grund habe ich mir auch einen schön weiten Deckenschlafsack gekauft. Mich beschäftigen noch lange die Gedanken an den morgigen Tag, ehe ich (und damit auch Andrea unten im Bett) endlich den Schlaf finde.
Bis morgen!!
Die Fotos vom Flughafen und vom Hostal stammen übrigens vom nächsten Tag. In der Nacht war´s zu dunkel und zu feucht.

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